Euro­phile FDP bekämpft die tra­di­tio­nelle Schweiz

Dass Opportunismus die FDP eines Tages in die Fänge der "Cancel Culture" treiben würde, war absehbar. Dass die ehemals staatstragende Partei das links-woke Canceln nun aber zum Einsatz bringt, um die traditionelle Schweiz abzuschaffen, erschüttert.

Natürlich würde die FDP niemals zugeben, dass sie gegen die Interessen der Schweiz politisiert. Ganz im Gegenteil. Die Freisinnigen scheinen zu glauben, dass uns eine gloriose Zukunft bevorsteht, wenn die Schweiz dem EU-Einbindungsvertrag zustimmt. So wird das Volk umworben, ein JA einzulegen zu 2'200 Seiten "Vertragspaket EU-Schweiz" inkl. 20'000 Seiten begleitenden Verordnungen. Dies sei die beste Lösung für die Schweiz. Ein Vertrag auf Augenhöhe.

Zu Souveränitätsverlust, fremden Richtern und Unterwerfung unter EU-Diktat laviert die kriselnde FDP (siehe dazu Fussnote 1). Die Freisinnigen scheinen nur ein Ziel zu haben: endlich raus aus der kleinen, engen und mühsam-direktdemokratischen Schweiz. Hinaus in die grossen Wirkungs- und Geltungsfelder einer europäischen "Grossmacht". Dass die kriegstreibende EU ein ineffizientes, plünderndes Bürokratiemonster auf tönernen Füssen ist, blendet die FDP aus.

Um einen Abstimmungssieg zu erreichen, fahren die Freisinnigen grobes Geschütz auf. So hat sich die FDP-Delegiertenversammlung vom 18.10.25 entschieden, dem Schweizer Föderalismus in der EU-Frage jeglichen Einfluss zu verwehren. Die FDP weigert sich, die Abstimmung dem Ständemehr zu unterstellen. So würde es für einen Sieg der EU-Freunde lediglich die grossen Stimmenmehrheiten der rot-grün-blau-orangen Städte benötigen. Die oftmals konservativen, kleinen Landkantone hätten keine Chance mehr, das Abstimmungsresultat mittels Ständemehr zu kippen. 

Wer - wie die FDP - in einer so wichtigen Abstimmung den Föderalismus missachtet, hat wenig Respekt vor den Werten, welche die Schweiz über die Jahrhunderte zusammenhielten. 

Rütli und Ranft: Geburt und Bewahrung des CH-Föderalismus

Das Bündnis autonomer Kantone ist eine der Säulen, auf welchen die Nation Schweiz aufgebaut wurde.

Regionale ländliche Gemeinschaften der Waldstätten verbündeten sich 1291 und legten im Namen Gottes den Grund der Schweiz.  Andere Stände kamen hinzu und bildeten ab 1453 die acht alten Orte. Einziges eidgenössisches Organ war bis 1798 die Tagsatzung, in der jeder Stand ungeachtet seiner Einwohnerzahl eine Stimme hatte. Eidgenössische Belange wurden in dieser Zeit ausschliesslich durch das Ständemehr entschieden. 

Nach den Burgunderkriegen gerieten die Helvetier 1477 in heftige Konflikte. Haudegen der Landkantone (Uri, Schwyz, Unterwalden, Glarus) griffen bei Unstimmigkeiten mit Städten schnell zur Waffe (Saubannerzug 1477). Darauf schlossen Luzern, Zürich, Zug und Bern ein eidgenössisches Städtebündnis, in welches sie auch die Städte Solothurn und Freiburg miteinbezogen. Die Urkantone bekämpften diese städtische Übermacht erbittert. Endloser Streit, Verschwörungen, die Hinrichtung von Peter Amstalden 1478 etc. drohten, den Bund zu zerstören.

Kurz vor Weihnachten 1481 traf sich die eidgenössische Tagsatzung in Stans. Einigungsversuche zwischen Land- und Stadtkantonen hatten zu keiner Übereinkunft geführt. Die verfahrene Situation löste sich erst, als der Stanser Pfarrer Heimo Amgrund am 22. Dezember eine Botschaft des Beters und Einsiedlers Niklaus von Flüe überrachte. Was genau Bruder Klaus mitteilte, blieb geheim. Doch konnte der Eremit die Streitparteien motivieren, einen Kompromiss einzugehen (Stanser Verkommnis). Freiburg und Solothurn wurden in den Bund aufgenommen. Im Gegenzug wurde das Burgrecht abgeschafft, was die Macht der Städte einschränkte. 

Versöhnlichkeit statt "Recht des Stärkeren"

Hätten die sechs Städte damals auf ihrer Stärke und Dominanz beharrt, wäre dies wohl das Ende der Eidgenossenschaft gewesen. 

  • Die politischen Führer der Stände hatten 1481 erkannt, dass bedächtige Integration von Minderheiten konstruktiver ist als pure Dominanz der Mehrheiten. Das fein austarierte Gleichgewicht zwischen kleinen und grossen, ländlichen und städtischen Kantonen war der Garant für das weitere Gedeihen der Schweiz. 
  • Die Schweizer Niederlage bei Marignano 1515 minimierte das Machtdenken der Eidgenossen zusätzlich.
  • Die Beendigung der kurzen Religionskriege in Kappel offenbarte 1529/31 eine gewachsene Fähigkeit der Eidgenossen, Unvereinbarkeiten bestehen zu lassen, statt in endloses Kämpfen zu verfallen. Der kurze Krieg zwischen Katholiken und Reformierten führte zu einem konfessionellen Patt. Dieser helvetische Religionsfriede blieb auch bestehen, als die Glaubenskriege Europa im 17. Jhd. in Schutt und Asche legten. 

Das "Stanser Verkommnis" von 1481 ermöglichte es dem Bund der Eidgenossen, weiter zu wachsen. Im 15. Jhd. kamen weitere Stände dazu, sodass es "13 alte Orte" waren, die Bestand hatten, bis ein französischer Kriegsherr die Schweiz eroberte. 

Napoléon kapituliert vor dem Schweizer Föderalismus

1798 besetzten französische Truppen die Schweiz. Napoléon hatte kein Verständnis für den Schweizer "Kantönligeist". Er machte die Schweiz zu einem zentralistisch geführten Staat nach französischem Vorbild. Einzelne Kantone wurden aufgehoben und in neue Formen gegossen (Waldstätten, Rhätien, Linth). Getragen wurde die Helvetische Republik vornehmlich von Vertretern der städtischen Reformeliten.

Doch Napoléon hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Der französische Zentralist unterschätzte die radikale Widerstandskraft in den Kantonen. Schnell geriet "Helvetien" in einen endlosen Strudel von politischem Widerstand, Parteiengezänk zwischen Föderalisten und Zentralisten (Unitariern), Aufständen, militärischem Widerstand, Waffengängen, Verfassungskonflikten, Intrigen und Staatsstreichen. Nach fünf Jahren kapitulierte Napoléon. Er zog einen Schlusstrich unter die Helvetische Republik.

Mit der "Mediationsakte" vom 19. Februar 1803 war die zentralistisch geführte Schweiz bereits wieder Geschichte. In der Einleitung rechtfertigte Napoléon seine Rolle als Mediator und betonte, "dass der föderalistische Staatsaufbau der Schweiz naturgegeben sei." Die fortan 19 Kantone/Stände garantierten einander ihre Verfassung, ihr Gebiet und ihre Unabhängigkeit. Gänzlich konnte sich Napoléon seiner Geringschätzung bäuerlicher Unterschichten nicht enthalten. Er verfügte, dass die sechs bevölkerungsstärksten, städtisch dominierten Kantone zwei Standestimmen zugesprochen wurden, während die kleinen Landkantone eine Stimme behielten. 

Nach Napoléons Waterloo nahmen die Schweizer 1815 das Heft wieder selber in die Hand. Ein Bundesvertrag machte die Tagsatzung wiederum zum gesamteidgenössisches Organ. Alle Stände wurden wieder gleichgestellt und hatten je eine Stimme. Erneut war war bei Abstimmungen das Ständemehr ausschlaggebend. 

Die Macht der Kantone im Bundesstaat von 1848

Nachdem konfessionelle Konflikte 1847 zu einem kurzen Bürgerkrieg (Sonderbund) geführt hatten, entschieden sich die Eidgenossen 1848, die Kantone in einem Bundesstaat zu vereinen. Die erste Bundesverfassung war erneut geprägt vom Geist der Zurückhaltung und der Versöhnlichkeit. Die ländlichen, katholischen Kantone waren ja die Besiegten des Sonderbundskriegs. Um diese Minderheit gut in den Bundesstaat zu integrieren, kam man ihnen beim Ausformulieren der Verfassung möglichst entgegen. 

In Sachen Föderalismus sprach die erste Bundesverfassung Klartext. Das Ständemehr wurde doppelt verankert. Die Macht der Kantone sollte auch in Zukunft Gültigkeit haben. Eine zentralistische Führung durch die Bundesregierung wurde durch verschiedene Massnahmen ausgeschlossen. Nach US-amerikanischem Vorbild konstituierte die Schweiz z.B. ein Parlament in zwei Kammern. Der Nationalrat wurde gemäss der Bevölkerungsgrösse in den Kantonen eingerichtet (Volksvertretung). Im Ständerat versammelten sich die Abgesandten der Kantone. Für die Gesetzgebung war die Zustimmung beider Parlamentskammern notwendig. 

Dem Stimmvolk in den Kantonen wurde 1848 zusätzlich föderale Macht zugesprochen. Im Fall von Verfassungsänderungen war eine Volksabstimmung vorgesehen, bei welcher nicht nur die Mehrheit der Bevölkerung zustimmen musste, sondern auch die Mehrheit der Kantone (Ständemehr). Die Bundesverfassung von 1874 übernahm die föderalen Strukturen. 1977 erweiterte das Stimmvolk das Ständemehr auf den Beitritt zu Organisationen kollektiver Sicherheit (z.B. NATO) oder zu supranationalen Gemeinschaften (z.B. EU).

Der Bundesrat geht mit schlechtem Beispiel voran

Dass die Stimmen der kleinen Kantone beim Ständemehr mehr Gewicht haben, als jene der städtischen Bevölkerung, versteht sich von selbst. Dies beanstanden die Europhilen nun im Hinblick auf das Vertragspaket "EU-Schweiz". "Warum soll eine kleine Zahl konservativer Urner, Schwyzer, Appenzeller etc. letztlich verhindern können, dass die Schweiz die Verträge mit der EU abschliesst?" So monieren EU-Freunde im öffentlichen DIskurs. 

Letztlich wird die Bundesversammlung darüber entscheiden, ob bei der für 2027 vorgesehenen Abstimmung das Ständemehr zum Tragen kommt. Natürlich gehen die Wellen hoch im Land. Die Nerven liegen blank. Auch der Bundesrat konnte sich nicht zurückhalten. Die Landesregierung wollte die Weichen offenbar frühzeitig zu ihren Gunsten stellen. Schon im April 2025 prellte der Bundesrat vor. Ignatio Cassis (FDP) gab undiplomatisch bekannt, dass die völkerrechtlichen Verträge mit der EU lediglich dem fakultativen Staatsvertragsreferendum unterstellt werden sollen. Ökonomische Interessen und Grossmachtaffinität sind dem Bundesrat scheinbar wichtiger, als der Zusammenhalt der föderalen Schweiz. 

Die Chance ist gross, dass die Bundesversammlung dem schlechten Beispiel der Landesregierung folgt. Schliesslich hat nach der FDP auch die "Mitte" bekanntgegeben, dass sie gegen das Ständemehr in der EU-Frage ist. Euro-Turbos der linken Parteien, denen die konservative Schweiz eher verhasst ist, werden ebenso votieren. Der Schweiz stehen bis zur Abstimmung über der Unterwerfungsvertrag unruhige Monate bevor. 

Die Erfolgsgeschichte der traditionellen Schweiz soll weitergehen. Unsere Souveränität ist keine Ramschware. Möge ein waches und bodenständiges Stimmvolk dem Taumel europhiler Politeliten den Stecker ziehen!! 

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Fussnote 1 

Es ist lange her, seit den Freisinnigen die Schweiz so am Herzen lag, dass sie grosses Vertrauen bei der Bevölkerung genossen. Nach der Gründung des Bundesstaates 1848 holte die "Freisinnige Linke" 79 der 111 Mandate im Nationalrat. Mit Machtkalkül besetzte die Partei darauf alle sieben Sitze im Bundesrat. Und daran änderte sich 43 Jahre nichts. Das System der Konkordanz in der Landesregierung entfaltete sich erst ab 1891. Die "Zauberformel" 2 Sitze FDP, 2 Sitze SVP, 2 Sitze SP und 1 Sitz CVP (Die Mitte) existiert seit 1959. 1991 war die europhile FDP noch wählerstärkste Partei der Schweiz (21%). Dann begann mit der Abstimmung zum EWR der Aufstieg der SVP. Seit den nationalen Wahlen 2023 verfügt die FDP noch über 14.3% Wähleranteil. Das Anrecht auf zwei Sitze im Bundesrat hätte der Freisinn somit längst eingebüsst.