The Diver — Tauch­gang in trübe Gewässer

Gastartikel von Patrick Werder, Zürich

Unser Handeln ist wichtig und hat Konsequenzen, im Guten wie im Bösen. Aber was kann ein Einzelner schon erreichen? Angesichts erdrückender Probleme? Eine an verschiedenen Fronten betriebene Weltbeglückung durch Politik und Expertentum droht den Westen zu ersticken. Besonders die Jugend wird ihrer Zukunft beraubt. Ein Bildersturm ist im Gang. Selbständiges kritisches Denken ist nicht gefragt. Schleichend zunehmende totalitäre „Cancel Culture“, heuchlerische Hypermoral, massenmediale Informationslenkung. Die Wurzeln dieser progressiv-asozialen Bewegung gehen tief. Das Ausmass der Verirrung blockiert. Es gibt aber auch ermutigende Lichtblicke. Wir besinnen uns auf einen Menschen, der konstruktiv wirkte und zum Segen wurde, und wir hören von dem Not-wendigen, wo jeder Kraft und Hilfe findet. Lassen auch Sie sich nicht vereinnahmen, sondern machen Sie den Unterschied!

Kennen Sie William Walker (1869-1918)? Er wird in Winchester, vor 1000 Jahren die Hauptstadt von England, als Held und beinahe Heiliger gefeiert. Vom Frühling 1906 an arbeitete „the diver“, der Taucher, wie er liebevoll genannt wird, an der Rettung der alten und wunderschönen Kathedrale. Diese drohte stellenweise einzustürzen oder gar ganz zu kollabieren. Das hatte einen weit zurückliegenden Grund: Die Römer hatten Jahrhunderte vor dem Bau der Kirche den Lauf des naheliegenden Flusses umgeleitet. Das zog nach sich, dass sich der Grundwasserspiegel veränderte und der moorige Boden langsam nachgab. Im Süden und im Osten drohte das imposante Gebäude unweigerlich einzustürzen.

Walker arbeitete mehr als fünf Jahre lang unermüdlich. Er tauchte mit seinem schweren Helmtauchanzug in den tiefen, mit Wasser gefüllten Aushüben, die man entlang der Mauer gegraben hatte. Bis zu sechs Stunden täglich verbrachte er in absoluter Dunkelheit, weil das torfgesättigte Wasser kein Licht durchliess. Mit seinen beiden Händen grub er den Boden ab und ersetzte ihn durch zehntausende Zementsäcke und fast eine Million Ziegelsteine! Der Boden und das Wasser waren aufgrund des Jahrhunderte alten Friedhofs rund um die Kathedrale für die Gesundheit hochproblematisch. Deshalb rauchte er in den Pausen alle drei Stunden seine geliebte Pfeife. Er war der festen Überzeugung, dass diese Prozedur desinfiziert und ihn deshalb vor Krankheiten schützt. Im September 1911 beendete er erfolgreich sein Werk. Das Fundament der Kathedrale war gesichert! Für seine ausserordentliche Leistung erhielt William Walker einen königlichen Orden

Menschliche Taten haben Gewicht! Die Römer wussten nicht, was ihre Änderung des Flusslaufes fast zwei Jahrtausende später für Folgen haben würde. Und niemand hätte gedacht, dass ein einzelner, einfacher Mann ein solches Werk durchführen kann. Viele Menschen sind dem immer bescheiden gebliebenen Walker bis heute dankbar und achten ihn als Vorbild.

Auch unser Tun und Lassen trägt Früchte und zeitigt, je nachdem, kurz-, mittel- oder langfristige Folgen. Vor gut fünf Jahrzehnten ging eine Gruppe intellektueller Neomarxisten, Denker der „Neuen Linken“, ans Werk, eine in ihren Augen bessere und gerechtere Gesellschaft aufzubauen. Sie wussten, dass sie nicht alles auf einmal verändern könnten. Deshalb setzten sie sich für ihren eigenwilligen Tauchgang in die Tiefen soziologischer Gefilde langfristige Ziele: Durch einen radikalen „Gang“ und „Marsch durch die Institutionen“ nahmen sie sich vor, die verknöcherte und heuchlerische Gesellschaft und den Menschen selber von Grund auf neu zu erfinden. Vor allem das arbeitende Volk der „Proletarier“ sollte aus knechtischer Entfremdung und einem allgemeinen Verblendungszusammenhang befreit werden. Es ist selbstredend, dass diese Menschen mit der von ihnen ausgewählten „Klasse“ im realen Lebensvollzug wenig Berührungspunkte hatten. Sie arbeiteten in keiner Fabrik. Sie mühten sich nicht ab auf dem Bau. Sie übten kein Handwerk aus, durch das man schmutzige Hände bekommt. Als potentielle geistige Führer wuchsen sie in aller Regel bevorzugt auf. Sie durften in ausserordentlich freien und akademisch feudalen Verhältnissen studieren. Die Welt lag ihnen zu Füssen! Die Verhältnisse gut zwanzig Jahre nach dem Krieg hatten grosses Potential. Die gröbsten Folgen der Katastrophe hatten ihre hart arbeitenden Väter und Mütter und eine Generation „zwischen den Zeiten“ – die Generation meiner Eltern – für sie aufgeräumt. Es blieb ihnen viel Spielraum, Visionen in die Tat umzusetzen.

Eine lange Zeit ist seither vergangen. Es ist nicht übertrieben: Dieser Bewegung, der sich zuweilen auch Technokraten, Hyper- und Staatskapitalisten zugesellen, ist es gelungen, alle Gebiete der Gesellschaft zu durchdringen. Bis in die intimsten Bereiche hinein, in die Kinderstuben, die Schlafzimmer und das Denken von Millionen. Vor allem die „Bourgeoisie“ – das heisst der Mittelstand! –, auf den sich ihre Verachtung und ihr Hass besonders richtete, wurde nachhaltig geschädigt. Das Ziel der internationalen Sozialingenieure, ein diesseitiges Paradies zu errichten, ist ihnen aber trotz allem Erfolg nicht gelungen. Trotzdem halten ihre zeitgenössischen geistigen Nachkommen hartnäckig am einmal eingeschlagenen Kurs fest. Koste es, was es wolle.

Bei genauerem Hinschauen zeigt sich die bittere Realität: Noch kaum je war der Verblendungszusammenhang enger gewoben als heute; noch nie waren wir der Wirklichkeit, der Natur, dem Leben und auch der Arbeit entfremdeter. Es gelang der „Politik der Ekstase“ (Timothy Leary) eine bis anhin nicht gekannte Drogenkultur zu etablieren. Viele starben, viel zu früh, andere vergreisen vor unseren Augen im besten Alter. Ganze Industriezweige sind aufgrund der sie strangulierenden Gesetzesfluten längst ins ferne Asien abgewandert. Ehemals anständige und ehrliche, bürgerliche Publikationsorgane mutierten unmerklich und immer weiter bis zur Unkenntlichkeit nach links. Alles wird immer lückenloser und extremer juristisch geregelt, obwohl doch schon die Römer mahnten: Das „höchste Recht“ ist zuweilen „grösstes Unrecht“! Erosion der Substanz sondergleichen! Ideologie ist angesagt. Der Staat muss es richten. Politiker lügen, dass es einem den Atem verschlägt. Rhetorik bodigt im Schwall der Worte die längst überfälligen Debatten. Echte und ehrliche Diskussionen werden verhindert, Andersdenkende werden diffamiert und ausgegrenzt.

Wie überall, wo der Sozialismus im Lauf der Geschichte Fuss fasste, stehen wir vor einem Scherbenhaufen! Dennis Prager brachte es zugespitzt auf den Punkt: Alles, was diese Bewegung anrührt, macht sie langfristig kaputt: die Schule, die Finanzen, die Kunst, die Wirtschaft, die Religion, die Familie, den Staat, die Wahrnehmung, die Sprache, das Gesundheitswesen, den Sport, die innere und äussere Sicherheit, die Universität. Sogar den Umweltschutz und die Energieversorgung. Wir wissen nicht einmal mehr den Unterschied von Mann und Frau.

An diesem Punkt stehen wir ein halbes Jahrhundert später! Wir verrohen moralisch. Bewährte Leistungsträger auf verschiedenen Ebenen können fast nicht mehr und stehen kurz vor dem Zusammenbruch. Die reale wirtschaftliche Verarmung wird durch exzessives Schuldenmachen in die Zukunft verschoben, wodurch sich das Ausmass des Schadens dem oberflächlichen Betrachter vorerst noch verhüllt. Arg strapazierte und zerstörte Familien. Unternehmen, durch Generationen aufgebaut: mutwillig in den Konkurs getrieben. Vereinsamung. Psychische Krankheiten. Verschleuderte Werte!

Wie konnten wir das zulassen und diesem Geist Raum geben? Wie können wir es zulassen? Was sagen uns einmal unsere Kinder, wenn es so weitergeht? Wir brauchen Weisheit und Hilfe von oben! Vieles ist immer noch gut, viele Menschen sind anständig und normal; überhaupt ist die Schöpfung grundsätzlich gut; darauf müssen wir aufbauen und das müssen wir bewahren – und gleichzeitig neue Wege finden. Wir müssen für eine Schweiz einstehen, die moralisch und institutionell wieder tragfähig wird und wo es sich zu leben lohnt. Wo man sich nicht von einem Tag zum anderen hangelt und froh ist, wenn man überhaupt Schlaf findet vor lauter wohlbegründeter Sorgen um selbstgemachte Probleme. Wir müssen die Korruption bekämpfen. Es wäre schön, man könnte einander im Kleinen und im Grossen wieder mehr vertrauen. Wir tun gut daran, uns zu vernetzen; einer alleine richtet wenig aus. Wir dürfen nicht in Hass verfallen! Liebe, Wahrheit, Respekt, Verantwortung und Freiheit müssen für uns wichtige Werte sein. Sie gehören zusammen. Der bestimmte Wille sollte uns leiten, unser Land und unser Leben in diesen Sumpf nicht weiter einsinken und zuletzt kollabieren zu lassen. Oder in der Oligarchie und Diktatur zu enden. Um etwas zu ändern, müssen wir genauer hinschauen, nicht nur bei Wahlen. Wir müssen disziplinierter werden bei Abstimmungen. Wenn nur schon jeder, der gerne Auto oder Motorrad fährt (was er definitiv nicht mehr lange kann, wenn es so weitergeht!), seine politischen Rechte wahrnähme, könnte sich etwas bewegen! Vorausgesetzt die Abstimmungen und Wahlen sind dann noch frei und werden nicht, wie in anderen Ländern des Westens, unterdrückt und von Betrug überschattet.

Nächstenliebe, Vernunft und Recht werden wir nicht allein aus eigenem Bemühen wieder zur Geltung bringen. Dazu brauchen wir die Bibel und die absolute Hilfe Gottes. Nichts mehr als Ihn! Wir müssen Busse tun, in uns gehen und Gott suchen. Umdenken und umkehren von den falschen Wegen! Um Verzeihung bitten und diese für uns annehmen – und natürlich auch anderen gewähren, die an uns schuldig geworden sind. Einander unterstützen! Arbeiten, auch intellektuell. Nicht alles „den anderen“ überlassen, wie wir es viel zu lange tun. Zehntausend Sack Zement und eine Million Ziegelsteine werden nicht genügen. 50 Jahre? Es braucht einen langen Atem. Anhaltendes Gebet. Wunder. Viel Gnade. Herz und Verstand. Wir brauchen wieder Vorbilder!